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Frauenpower im Bestatternachwuchs – auch ganz ohne Quote

Leistungswettbewerb des deutschen Handwerks: 7 Landessiegerinnen und ein Landessieger stellten sich dem Bundesleistungswettbewerb der Bestattungsfachkräfte

Am 05.11.2019 gab der Bundesverband Deutscher Bestatter e. V. (BDB) zum 13. Mal die Gewinner des Bundesleistungswettbewerbs der Bestattungsfachkräfte bekannt. Im Wettbewerb standen die besten Bestattungsfachkräfte der Bundesländer, die kürzlich ihre Abschlussprüfung mit mindestens „gut“ bestanden haben und 27 Jahre oder jünger sind.

Der Sachverhalt der zu lösenden Prüfungsaufgabe basierte auf einem gewalttätigen Verbrechen. Ein 12-jähriges Mädchen wurde von ihrem Schulfreund auf brutale Art und Weise erstochen. Die Prüfungsteilnehmer hatten den Ablauf der Trauerfeier und der Beerdigung für das verstorbene Mädchen zu planen, die Eltern und Familienangehörigen trauerpsychologisch zu begleiten und zu erläutern.

Die umfangreiche und anspruchsvolle Prüfungsaufgabe meisterten alle Prüflinge sehr engagiert und mit fundiertem Fachwissen.

Die Bundessiegerinnen

Nach eingehender Beratung und sorgfältiger Bewertung der gezeigten Leistungen stellte die Prüfungskommission das Ergebnis fest und verkündete Jennifer Schmid für Baden-Württemberg als 1. Bundessiegerin (Bild Mitte), Nele Jensen für Schleswig-Holstein als 2. Bundessiegerin und Francesca Caroppo für Nordrhein-Westfalen als 3. Bundessiegerin.

Der Bundesverband Deutscher Bestatter e. V. gratuliert den Bundessiegerinnen, den Landessiegerinnen und dem Landessieger sowie den Ausbildungsbetrieben sehr herzlich zu den hervorragenden Leistungen.

Frau Jennifer Schmid wird als 1. Bundessiegerin die Bestattungsbranche bei der Schlussfeier des Bundesleistungswettbewerbs des Deutschen Handwerks am 13.12.2019 in Wiesbaden repräsentieren.

Die Landessieger und die Prüfungskommission

Alle Landessiegerinnen/Landessieger 2019 auf einen Blick:

  • Frau Jennifer Schmid, Baden-Württemberg (Ausbildungsbetrieb: Bestattungen Ingrid Rühle)
  • Herr Maximilian Christ, Bayern (Ausbildungsbetrieb: Himml Bestattungen e.K.)
  • Frau Sophie Charlotte Stender, Hamburg (Ausbildungsbetrieb: Bestattungen E. Leverenz GmbH)
  • Frau Francesca Caroppo, Nordrhein-Westfalen (Ausbildungsbetrieb: Beerdigungsinstitut Olaf Ortmann)
  • Frau Jasmin Przybylsky, Berlin (Ausbildungsbetrieb: Christian Peter Bestattungen GmbH)
  • Frau Tania Heintze, Bremen (Ausbildungsbetrieb: GE-BE-IN GmbH)
  • Frau Nele Jensen, Schleswig-Holstein (Ausbildungsbetrieb: Bestattungsinstitut Dall)

Die Prüfungskommission bildete in diesem Jahr Diana Pick (Mächerle Bestattungen GmbH, Wörth am Rhein), Antje Körner (Bestattungshaus Körner GmbH, Walsrode) und Antje Bisping (Bundesverband Deutscher Bestatter e.V., Düsseldorf) als Vorsitzende.

Männer und Frauen gleichberechtigt

Im aktuellen Ausbildungsjahr haben zum ersten Mal über 200 junge Männer und Frauen die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft begonnen. Wir haben derzeit insgesamt 552 Auszubildende registriert; davon sind mehr als 50 % (284) weiblichen Geschlechts. Anders als in anderen Branchen gibt es für Bestattungsunternehmer keine Probleme, Auszubildende zu finden. Das Interesse junger Menschen für diesen Beruf ist aufgrund der vielfältigen Anforderungen sehr hoch. Im Rahmen der dreijährigen Ausbildung lernen sie einen oder mehrere zum Teil ganz unterschiedliche Bestattungsunternehmen in Deutschland als Ausbildungsbetrieb kennen, besuchen die entsprechenden Fachklassen einer Berufsschule und werden schließlich auch im Bundesausbildungszentrum der deutschen Bestatter im unterfränkischen Münnerstadt im Rahmen der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung aktiv.

Schon lange ist der Beruf des Bestatters keine männliche Domäne mehr, in allen Bereichen sind Männer und Frauen etwa paritätisch vertreten.

 

4 Fragen an die 1. Bundessiegerin Jennifer Schmid

im Bundesleistungswettbewerbs der Bestattungsfachkräfte 2019
Ausbildungsbetrieb Bestattungen Ingrid Rühle, Sitz in Nufringen und Gärtringen; jetzt angestellt als Bestattungsfachkraft im Bestattungshaus ZUR RUHE Bestattungen, eine Marke der Charlotte Klinghoffer GmbH mit Sitz in Backnang

BDB: Wie sind Sie mit dieser doch sehr anspruchsvollen Prüfungsaufgabe umgegangen, konnten Sie auf Erfahrungen in Ihrer Ausbildung zurückgreifen?

Jennifer Schmid: Ich habe mir zuerst die Aufgabenstellung in Ruhe durchgelesen und mir Notizen gemacht. Dann habe ich mir überlegt, wie ich vorgehen würde, wenn ich diesen Sterbefall im realen Berufsleben betreuen dürfte. Was wären meine nächsten Schritte? Was ist hinsichtlich der Todesumstände zu beachten?

Welche Informationen kann ich zwischen den Zeilen herauslesen? Die Aufgabe habe ich so bearbeitet, als sei es ein realer Sterbefall.

Ich stellte mir eine Aufbahrung vor und versuchte mir vorzustellen, wie die Eltern reagieren könnten, wenn sie ihre kleine Tochter im Sarg liegen sehen würden. Sofort musste ich an die kleine 8-jährige Schwester der Verstorbenen denken. Wie würde sie reagieren, wenn die Eltern beginnen zu weinen? Da ich selber eine kleine Schwester im Alter von 10 Jahren habe, wusste ich: Dieser sehr emotionale Moment wäre zu viel für die Kleine. Ich habe mir überlegt, sie zusammen mit einer Bezugsperson auf die Seite zu nehmen und ein Bild für ihre Schwester zu malen. Später, wenn die Eltern Zeit für sich gehabt hätten, würden wir zu ihrer verstorbenen Schwester gehen und ihr das Bild in den Sarg legen. 

Dieser fiktive Sterbefall war sehr bewegend. Ich versuchte, ihn professionell und zugleich einfühlsam zu bearbeiten.

In Münnerstadt haben wir in der Beratungswoche gelernt, wie man mit solchen theoretischen Sterbefällen umgeht und eine Strategie entwickelt, diese im realen Berufsleben umzusetzen (Anmerkung der Redaktion: In Münnerstadt befindet sich das BAZ | Bundesausbildungszentrum der Bestatter für überbetrieblichen Unterricht). Die Erfahrung, die ich während dieser Zeit sammeln konnte, haben mir beim Bearbeiten der Aufgabenstellung sehr geholfen. 

 

BDB: Was begeistert Sie am Beruf des Bestatters? Was würden Sie jungen Menschen raten, die auf der Suche nach einem Ausbildungsberuf sind?

Jennifer Schmid: Es begeistert mich, dass ich Menschen in der wohl schlimmsten Zeit ihres Lebens helfen darf. Durch unsere Arbeit können wir den Angehörigen eine große Stütze sein. Natürlich können wir die Trauer nicht nehmen, dennoch können wir durch einen positiven Einfluss einen angenehmeren Start in den Trauerprozess ermöglichen. Das ist mir besonders wichtig. 

Ebenfalls begeistert mich die Vielseitigkeit des Berufs. Zum einen kann man sehr kreativ sein: sei es die Gestaltung des Trauerdrucks, die Besprechung des Blumenschmucks oder auch die Dekoration der Trauerfeier. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Zum anderen aber auch das Handwerkliche. Das Ausschmücken eines Sarges, die Abholung und Überführung oder auch die Hygienische Versorgung eines Verstorbenen. 

Jeder Sterbefall ist anders. Ich weiß zu Beginn eines Beratungsgesprächs nie, was auf mich zukommen wird. Das ist sehr spannend und lässt den Beruf zu keiner Sekunde langweilig werden. Auch die Menschen, denen ich begegne, sind sehr unterschiedlich. Auf jeden stelle ich mich anders ein und betreue ihn anders. Es gibt kein strenges Schema, dem ich folgen muss. Ich kann jeden individuell und anders betreuen. 

Ich sehe mich als Wegbegleiterin der Angehörigen. Da ist es das Schönste, wenn die Angehörigen nach der Trauerfeier meine Hand loslassen und sie nicht mehr brauchen. Erst dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe. 

Das alles wird meine Begeisterung für den Beruf nie abklingen lassen.

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich hinsichtlich einer Berufswahl zu informieren. Ich würde jungen Menschen, die einen Ausbildungsberuf suchen, ans Herz legen: Informiert Euch! 

Gleichzeitig würde ich auch raten, mehrere Praktika zu machen. Ich selber habe einige gemacht, bis ich meinen Traumberuf und meine Berufung gefunden habe. Die Erfahrung zeigt auch, dass es sehr ratsam ist, nicht nur in einem Unternehmen ein Praktikum zu absolvieren. Jedes Unternehmen arbeitet auf eine andere Weise. In unserer Branche gibt es beispielsweise sehr große Unterschiede: Der eine führt ein traditionsreiches Familienunternehmen, der andere ein großes strukturiertes Bestattungsimperium. Durch ein Praktikum in verschiedenen Unternehmen findet man eher heraus, welche Art von Unternehmen zu einem passt. 

BDB: Wie sehen Ihre Pläne aus? Wollen Sie sich zum Beispiel in besonderer Weise fortbilden?

Jennifer Schmid: Schon während der Ausbildungszeit habe ich gemerkt, dass es mir große Freude bereitet, anderen etwas zu erklären und mein Wissen weiterzugeben. Daher werde ich meinen Bestattermeister und den damit verbunden Ausbilderschein machen. Es ist mir ein großes Anliegen, mein erlerntes Wissen zu erweitern und irgendwann an Auszubildende weiterzugeben. 

Auch die Richtung Trauerpsychologie interessiert mich sehr. Ich könnte mir auch gut vorstellen, die Fortbildung zum Trauerbegleiter zu machen. Ich stelle es mir sehr spannend vor, durch mein erlerntes Wissen zu wachsen und die Angehörigen umfangreicher betreuen zu können. 

Die vergangenen Jahre haben mich gelehrt, mir keine zu festen Pläne zu machen. Der Meister ist mein nächstes Ziel, das steht fest. Die nächsten Schritte entscheidet das Schicksal. Fakt ist, dass ich für alles offen bin. 

BDB: Was wünschen Sie sich für den gesellschaftlichen Blick auf die Themen rund um die Bestattungskultur und Ihren Berufsstand?

Jennifer Schmid: Ich wünsche mir, dass das Schweigen ein Ende findet. Der Tod im Allgemeinen wird noch immer „totgeschwiegen“. Wir denken alle, das Leben sei unendlich und wir haben noch ewig Zeit. Leider ist dem nicht so. Wir werden uns unserer eigenen Sterblichkeit meist erst bewusst, wenn ein Mensch aus unserem Familien- oder Freundeskreis verstirbt. Doch dann ist es meistens schon fast zu spät. Ich denke, dass gerade der Bestatter sehr viel bewirken kann. Die Öffentlichkeit sollte dem Tod gegenüber sensibilisiert werden. Ich denke, dass es unsere Aufgabe ist, die Menschen zu informieren und die Angst zu nehmen, bevor sie auftritt. 

Die Fragen stellte Elke Herrnberger, Pressesprecherin des BDB | Bundesverband Deutscher Bestatter e.V.


Fakten zur Bestatter-Ausbildung (Stand April 2019)

Da die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im vergangenen Jahr leicht angestiegen ist, gehen wir davon aus, dass alle Lehrstellen besetzt werden konnten. Die Nachfrage nach einer Ausbildung zur Bestattungsfachkraft ist nach wie vor groß.

Die Auszubildenden sind zwischen 15 und 53 Jahre alt. Das Durchschnittsalter liegt bei 23,5 Jahren.

Die Ausbildungen zur Bestattungsfachkraft und zum Geprüften Bestatter unterscheiden sich:

Die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft ist eine Ausbildung nach der Handwerksordnung im „Dualen System“ (3-jährige Ausbildung im Betrieb/Berufsschule/Überbetriebliche Unterweisungen) mit Zwischen- und Gesellenprüfung. Die Blockseminare für die Auszubildenden im Ausbildungszentrum Münnerstadt (= überbetriebliche Unterweisungen) sind überwiegend praktisch; Theorie wird in der Berufsschule vermittelt.

Beim Geprüften Bestatter*in handelt es sich um eine Fortbildung für Bestatter mit mindestens 2-jähriger Berufserfahrung. Sie beinhaltet 6 Module/Lehrgänge in Münnerstadt mit modularen Prüfungen zu den Unterrichtsinhalten Recht, Bestattungskultur, BWL, Grabtechnik/Warenkunde/Aufbahrung und Dekoration, Hygienische Versorgung, Trauerpsychologie/Beratungsgespräch.

Das BAZ | Bundesausbildungszentrum der Bestatter ist im Februar 2005 im unterfränkischen Münnerstadt zur Durchführung der überbetrieblichen Schulung und weiterer Fortbildungsmaßnahmen für Bestatter eröffnet worden. https://www.bestatter.de/verband/aus-und-fortbildung/ausbildungszentrum-muennerstadt/

 

Weitere Informationen zum BDB

Der Bundesverband Deutscher Bestatter e.V. repräsentiert und vertritt über seine Landesorgane die Belange von über 3.100 Bestattungsunternehmen (mit Filialen rund 4.500) in ganz Deutschland. Das entspricht rund 81% aller deutschen Bestatter. Als Dachverband steht der BDB für Qualität und gewährleistet diese durch diverse Zertifizierungen. Das Thema Aus- und Weiterbildung nimmt einen großen Stellenwert ein. Zur weiteren Professionalisierung wurde 2005 das Bundesausbildungszentrum im unterfränkischen Münnerstadt eröffnet. Als nicht minder wichtige Aufgabe zählt für den Bundesverband Deutscher Bestatter e.V. der Erhalt und die Förderung der Bestattungskultur und des Berufsethos.

Weitere Informationen unter www.bestatter.de

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